Ist
es Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen
wie sehr die Meinung der anderen über
Sie von Ihrer eigenen Meinung über sich
selbst abweicht?
Es
geht nicht anders - schliesslich sind Sie
selbst das einzige Wesen, dass sie in allen
Facetten ihres Lebens begleitet und begreift
[Sollte letzteres wirklich der Fall sein,
sind sie ein Glückpilz - es gibt genug
Menschen die sich kennen und dennoch nicht
begreifen].
Rodegan
Andriz, erfunden an einem Novemberabend 1997,
ist quasi ein "begreifbarer" virtueller
Wurmfortsatz eines "Realen", der
für diesen Text jetzt erst einmal vollkommen
irrelevant ist. Der Vorname, bald zu Rod abgekürzt,
hat sich mittlerweile überlebt - eine
virtuelle Persönlichkeit benötigt
einen solchen nicht- also belassen wir es
der Einfachheit halber bei "der Andriz".
In
der Anfangsphase war der Andriz ein Experiment,
eine Wand, hinter der sich der "Reale"
verstecken konnte. Ein Pseudonym für
die zweite Lernphase - sollte diese aus irgendwelchen
Gründen schiefgehen, würde sich
der Andriz einen kurzen, schmerzlosen Tod
erleiden und der Reale sich einen neuen Pseudo
erschaffen.
Aber
der Andriz entwickelte sein Eigenleben. Nein
- bitte keine Theorien über Schizophrenie
- das neue Leben wurde dem Andriz von anderen
Menschen eingehaucht. Der Anfang - im April
1998: Der Reale begegnet jemanden, der den
Andriz zu kennen glaubt. Erster Kommentar
des Fremden "Du bist der Andriz? Ich
hätte Dich mir ganz anders vorgestellt."
Seitdem
denkt der Reale sehr intensiv darüber
nach, ob er denn wirklich der Andriz ist.
Die Antwort lautet eher "Nein".
Der Andriz ist ein anderer, eher ein Klassenkamerad,
ein Kommilitone, ein Kollege - der viele Erfahrungen
mit dem "Realen" teilt, dem aber
von Dritten Eigenschaften hinzugefügt
(oder angedichtet) werden, die der "Reale"
sich nie hätte einfallen lassen.
Einen
bemerkenswerten Schritt ging hier der Eckpfeiler
der medialen Wahrheit, die Bild-Zeitung, als
sie den Andriz im Juni 1998 zum "bekannten
deutschen Shakespeare-Experten" machte.
Eine
eher befremdliche Erfahrung, als sich ein
weibliches Wesen in den Andriz verliebte.
Der "Reale" konnte (und wollte)
ihrem Bild, das sie sich von Andriz gemacht
hatte nicht entsprechen - alles in allem sehr...
seltsam.
Da
hatte der Andriz dem Realen schon immerhin
etwas voraus - nämlich Anerkennung. Nun
- ganz so schlimm war es auch nicht - aber
auf der anderen Seite entwickelte sich auch
der Reale weiter, wo der Andriz stehengeblieben
war, zum Beispiel im beruflichen.
Aber
der Andriz braucht ja keinen Beruf. Er ernährt
sich von der Zeit anderer. Die Zeit des "Realen",
hin und wieder der Seite einen Gedankensplitter
hinzuzufügen, Zeit Dritter, in Foren,
Zeitschriften oder Mails ihr Bild vom Andriz
zu manifestieren.
Der
Andriz entfernt sich immer weiter vom "Realen".
Aus diesem Grunde gibt es hier auch kein wirkliches,
"reales" Bild mehr von ihm. Denn
er ist ja ohnehin nur virtuell. Somit ist
der Andriz ein virtuelles, launisches, sprunghaftes
Wesen, ein Nichtwirklicher.
Man
darf gespannt sein, wohin sich der Andriz
entwickelt.
Und
welches Bild SIE sich jetzt vom Andriz machen.
.
Der
Andriz
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